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Was Profisportlerin Katharina Bauer bei Herzstolpern durch Stress hilft

Annika Hansen

Annika Hansen

Frau hat Herzstolpern durch Stress und fasst sich an das Brustbein
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Im Alltag nehmen wir unser Herz kaum wahr. Doch wenn der Herzschlag plötzlich spürbar ist und das Herz ein paar Extrasprünge macht, kommt schnell Angst auf: Was bedeutet das? Muss ich mir Sorgen machen?

Prinzipiell gilt: Herzstolpern muss unbedingt ärztlich abgeklärt werden! Doch in den meisten Fällen findet der Arzt zum Glück keine Herzerkrankung als Ursache. Aber unser Herz kann sensibel auf Stress reagieren: Eine häufige Ursache von leichtem Herzstolpern sind auch mentale oder emotionale Belastungen. Liebeskummer, finanzielle Nöte oder auch die bevorstehende Prüfung können nicht nur die Psyche belasten, sondern auch das Herz. Profisportlerin Katharina Bauer, die Herzstolpern nur zu gut kennt, hat dagegen ein Rezept aus der Mind-Body-Medizin: Entschleunigung vom Alltag durch Yoga, Atemübungen und Meditation. Sie und Sportwissenschaftlerin Christine Bielecki erzählen Gesundes Ich, welche wohltuende Wirkung Yoga auf das Herz-Kreislauf-System hat.

Extrasystolen durch Stress kennen viele Menschen

Stress hat jeder von uns: Viele Menschen müssen neben der Arbeit ihre Kinder betreuen, haben einen vollen Terminkalender oder sind auf der Arbeit überfordert. All das sind Situationen, die Stress erzeugen können. Zusätzliche Herzschläge, auch Extrasystolen genannt, sind dann spürbar. Für Betroffene scheint der Herzrhythmus dadurch kurzzeitig aus dem Takt geraten zu sein.

Weitere mögliche Ursachen von stressbedingtem Herzstolpern sind psychische Belastungen wie Mobbingsituationen oder intensive Trauer um einen Menschen oder eine Beziehung, die sich ebenfalls in körperlichen Symptomen zeigen können.

Nach Angaben der Universitätsmedizin Göttingen haben etwa zehn bis 25 Prozent der Erwachsenen gelegentlich Herzklopfen oder auch Schmerzen in der Herzgegend. Die Vermutung, dass es sich um eine Herzerkrankung handeln könnte, liegt nahe – bestätigt sich bei rund einem Drittel der Betroffenen, die eine:n kardiologische:n Ärztin aufsuchen, aber nicht. Daher spricht man in der Medizin in solchen Fällen von „funktionellen Herzbeschwerden“, weil keine organische Ursache gefunden werden kann.

Wichtig: Herzstolpern immer vom Arzt abklären lassen!

Wenn das Herzstolpern erstmalig auftritt oder anhält, muss der veränderte Herzschlag ärztlich abgeklärt werden. Auch wenn Sie sich Sorgen machen sollten, dass mit Ihrem Herzen etwas nicht in Ordnung sein sollte, kann ein Arztbesuch Klarheit und Beruhigung schaffen.

Wenn Sie minuten- oder gar stundenlanges Herzstolpern in der Brust spüren, sollten Sie die Beschwerden unverzüglich ärztlich abklären lassen, um beispielsweise Vorhofflimmern oder andere Herzerkrankungen auszuschließen.

Auch wenn Benommenheit bis hin zu Ohnmacht, Schmerzen oder Druck im Brustkorb oder Kurzatmigkeit auftreten, ist dies ein medizinischer Notfall (Notruf 112 wählen). Der Puls kann sehr niedrig (unter 40 Schläge pro Minute) oder sehr hoch (100 Schläge pro Minute) sein.

Wie fühlt sich „harmloses“ Herzstolpern durch Stress an?

Das Stolpern kann sich unterschiedlich äußern: Einige nehmen einen unregelmäßigen und stärkeren Puls wahr oder bemerken ein paar Extrasprünge und Aussetzer des Herzens. Anderen schlägt das Herz für einige Augenblicke sprichwörtlich bis zum Hals. In der Regel treten die Symptome nur für eine kurze Zeit auf und verschwinden dann wieder von allein.

Herzstolpern durch Stress als „Signallampe“ betrachten

Herzstolpern durch Stress kennt Katharina Bauer nur zu gut. Im Alter von sieben Jahren wurde bei ihr eine Herzkrankheit diagnostiziert. Ihr Herz schlägt täglich tausende Male schneller als es eigentlich sein sollte. 2016 war die heute 32-Jährige schon bei 18.000 Extrasystolen – mit 18 Jahren waren es „nur“ 10.000 zusätzliche Schläge pro Tag. Seit 2018 überwacht ein implantierter Defibrillator ihren Herzrhythmus. Sollte ein akuter Notfall mit Kammerflimmern auftreten, sendet das Gerät einen elektrischen Impuls aus, um den Herzschlag wieder zu normalisieren.

Die konventionelle Medizin hat ihr mit dem Defibrillator ein risikofreieres Leben ermöglicht. Daneben hat sie nach Möglichkeiten gesucht, achtsamer für ihr Herz zu sorgen und Stress zu reduzieren, um es so vor Überlastung zu schützen. Denn besonders in stressigen Zeiten erlebt Katharina Bauer, die sich als Profisportlerin auf Stabhochsprung spezialisiert hat, eine deutliche Zunahme der Herzschläge: „Mein Herz schickt mir immer deutliche Anzeichen durch vermehrte Extrasystolen, wenn ich mich übernehme, eine Erkältung ansteht oder ich zu viel Stress erfahre. Stressige Situationen sind der Hauptauslöser, vor allem wenn zur gleichen Zeit mehrere Lebensbereiche meine Aufmerksamkeit erfordern und ich anfangen muss, diese Bereiche zu ‚jonglieren‘. Ich betrachte mein Herz liebevoll als meine ‚Signallampe‘.“

Die junge Frau ist trotz allem dankbar dafür, dass ihr Herz sie unsanft daran erinnert, wenn sie über ihre Grenzen hinausgegangen ist. „Auch wenn sich das vielleicht für andere Menschen merkwürdig anhört. Achtsamkeit für den eigenen Körper ist das höchste Gut.“

Was Katharina Bauer bei stressbedingtem Herzstolpern hilft

Neben der kardiologischen Behandlung haben Katharina Bauer Yoga, Meditation und Atemübungen geholfen, ihr Stresslevel zu reduzieren. „Wenn mir die nötige Ruhe, Yoga- und Meditationspraxis fehlt, schickt mir mein Herz ein deutliches Signal. Der Defibrillator hingegen zeigt keine Auswirkungen, da er lediglich die Beobachterrolle einnimmt, falls die Systolen zu Kammerflimmern übergehen sollten“, erklärt die Profisportlerin. Und was hilft ihr, wenn sich das Herzstolpern plötzlich wieder stärker zeigt? „Ich versuche, in einen ruhigen Atem zu kommen und mein Herz zu beobachten. Dann beruhigt es sich auch wieder.“

Als Katharina Bauer mit Yoga begonnen hatte, diente es vor allem als ein „Mittel zur Leistungssteigerung“. „Deshalb bin ich immer auf der Suche nach dem idealen Wechsel von Belastung und Regeneration. Yoga ist da eine große Hilfe und hat mich entschleunigt. Durch diese Praxis kann ich meine Muskeln auf aktive Art regenerieren. Zusätzlich gelingt es mir, während der Übungen und insbesondere durch die Atemtechniken zu entspannen.“

Heute ist Yoga für Katharina Bauer viel mehr als ein Instrument, um sich vom Hochleistungssport zu regenerieren, wie sie erklärt: „Durch das achtsame Atmen, viel Meditation und Selbstheilungsreisen für mein Herz konnte ich auch dazu beitragen, dass sich meine Herzschläge reduzierten.“ Die tägliche Yogapraxis habe sie gelehrt, den eigenen Körper bewusst und achtsam zu betrachten und ihm genügend Aufmerksamkeit zu schenken. „In stressigen Situationen ist Yoga ein Tool, um zur Ruhe zu kommen und loslassen zu können – und letztlich die Selbstheilung zu aktivieren.“

Auch wenn Sie nicht unter einer Herzkrankheit leiden mögen, zeigt das Beispiel von Katharina Bauer deutlich: Achtsame Selbstfürsorge, Yoga und Meditation können die Herzgesundheit fördern.

Schon gewusst? Yoga, Meditation und Atemübungen sind Teil der Mind-Body-Medizin

Achtsamkeitspraktiken wie Yoga, Meditation und Atemübungen sind Bestandteil der sogenannten „Mind-Body-Medizin“, die zur Integrativen Medizin gehört. Denn der Ansatz Integrativer Medizin ist nicht nur, Menschen mit schulmedizinischen und naturheilkundlichen Methoden bestmöglich zu behandeln, wenn sie krank sind. Sondern auch zu schauen, an welchen Stellschrauben im Leben noch gedreht werden kann, damit die Erkrankung langfristig gelindert oder überwunden – oder das Risiko, überhaupt zu erkranken, verringert werden kann. Genau hier setzt die Mind-Body-Medizin an: Sie stellt das Zusammenspiel von Körper, Psyche und Verhalten in den Mittelpunkt.

Dabei bilden Selbstfürsorge und Achtsamkeit eine zentrale Rolle. Hier kommen Yoga, Meditation und Atemübungen ins Spiel, weil sie nachweislich zur Stressreduktion und einem achtsameren Lebensstil beitragen. Auch Ernährungsberatung, naturheilkundliche Selbsthilfe und Sport sind Teil der Mind-Body-Medizin.

Tipp: Auf der Website der Universität Duisburg-Essen gibt es eine Liste, in der Sie nach zertifizierten Angeboten der Mind-Body-Medizin in Ihrer Nähe suchen können.

Herzstolpern durch Stress: Warum gerade Yoga das Herz positiv beeinflusst

Die stressreduzierende Wirkung von Yoga und Meditation bestätigt auch die Wissenschaft. Forschende der TU Chemnitz veröffentlichten beispielsweise 2021 eine Meta-Studie, in der sie 330 Studien und 19 Übersichtsarbeiten ausgewertet haben. Das Ergebnis ist eindeutig, wie Studienleiterin Dr. Karin Matko erklärt: „Wenn man Stress vermeiden oder abbauen möchte, scheint die Kombination aus Yoga und Meditation besonders hilfreich zu sein“, erklärt sie.

Sportwissenschaftlerin und Yoga-Lehrerin Christine Bielecki, die zusammen mit Katharina das Buch „Yoga für ein starkes Herz“ geschrieben hat, bekräftigt diese Aussage: „Forschende gehen davon aus, dass bei bestimmten Körperhaltungen und Entspannungsübungen die Ausschüttung von Botenstoffen angeregt wird, die Stress reduzieren und damit auch den Blutdruck senken können.“ Sie macht deutlich: uf Dauer-Leistung, Schnelligkeit und Druck getrimmt ist, tut unserem Herzen und unserer Gesundheit nicht gut. Es braucht also Erholungsstrategien wie Yoga.“

Genau diesen Erholungseffekt spürt Katharina Bauer bei sich immer wieder – auch in Bezug auf ihren Herzschlag. 

Für Christine Bielecki geht Yoga sogar noch einen Schritt weiter: „Wir beginnen, mehr auf unseren Körper zu achten, ihn wertzuschätzen und zu schauen, was wir ihm zuführen.“

Fazit: Wer hin und wieder ein paar zusätzliche Herzschläge spürt, kann zunächst aufatmen – in den meisten Fällen sind die Ursachen harmlos und das Herzstolpern verschwindet wieder schnell. Wer jedoch öfters merkt, dass das Herz aus dem Takt gerät, die Beschwerden längere Zeit anhalten oder gar Atemnot hinzukommt, sollte immer eine:n Ärzt:in aufsuchen. Ist das Herzstolpern auf eine Erkrankung zurückzuführen, muss diese ärztlich behandelt werden. Ganzheitliche Ansätze und Methoden wie Yoga, Meditation und Atemübungen, die Bestandteil der Mind-Body-Medizin sind, können im Zusammenspiel mit der Schulmedizin als integrative Medizin helfen, Herzstolpern durch Stress entgegenzuwirken.

Über Katharina Bauer und Christine Bielecki

Katharina Bauer ist Leichtathletin und die erste Stabhochspringerin mit Defibrillator. 2012 war sie die Jahresbeste unter den deutschen Juniorinnen – mit einer Sprunghöhe von 4,42 Metern. Bei den Team-Europameisterschaften 2014 in Braunschweig wurde sie mit ihrer Mannschaft Europameisterin. 2018, ein Jahr nach der Herzoperation, wurde sie Deutsche Hallenmeisterin mit 4,51 Metern. Mit dem implantierten Defibrillator wurde sie 2019 Deutsche Hallen-Vizemeisterin und qualifizierte sich für die Hallen-Europameisterschaften in Glasgow.

© Nils Schwarz

Mit Christine Bielecki, Sportwissenschaftlerin, Journalistin und Yoga-Lehrerin verbindet sie eine langjährige Freundschaft. Aus der gemeinsamen Leidenschaft für Yoga ist das Buch „Yoga für ein starkes Herz“ (erschienen im riva Verlag) entstanden, das überall im Buchhandel erhältlich ist.

Was ist integrative Medizin?

Die Integrative Medizin verbindet – basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen – die konventionelle Medizin mit ergänzenden Behandlungsmethoden wie beispielsweise Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM), Homöopathie, Phytotherapie oder etwa Osteopathie und Ayurveda zu einem Gesamtkonzept.

Im Fokus steht dabei immer der Mensch. Bei der Behandlung von Krankheiten werden deshalb persönliche Bedürfnisse und das subjektive Krankheitserleben der Patient:innen intensiv mit einbezogen. Integrative Medizin verfolgt die Zielsetzungdie bestmögliche Therapie für den Einzelnenzu finden um dadurchauch die jedem Organismus zur Verfügung stehenden Selbstheilungskräfte optimal zu nutzen.

Dabei arbeiten Ärzte, Heilpraktiker, Hebammen, Apotheker und Pflegekräfte Hand in Hand.

Text: Annika Hansen

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