Wenn Frauen mindestens viermal im Jahr unter Scheidenpilz leiden, wird die Erkrankung als chronisch eingestuft. Viele Betroffene sind oft ratlos und fragen sich bei chronischem Scheidenpilz, wie sie den starken Juckreiz in den Griff bekommen können. Ergänzend zur konventionellen Behandlung mit Antipilzmitteln (Antimykotika) kann eine ganzheitliche Betrachtung der Krankheit hilfreich sein, das Wachstum der Hefepilze zu verringern. Konstantina Vrontou, Heilpraktikerin und erfahrene TCM-Therapeutin aus München, erklärt, wie die Traditionelle Chinesische Medizin das Krankheitsbild einordnet und was aus ihrer Sicht nachhaltig helfen kann.
Chronischer Scheidenpilz: Welche Faktoren begünstigen die Erkrankung aus TCM-Sicht?
Ob ein Mensch krank wird oder nicht, hängt aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) von den sogenannten „Pathogenen“ ab. Pathogene sind krankmachende Faktoren. „In der westlichen Medizin sind damit Viren, Bakterien und Pilze gemeint, in der chinesischen Medizin sind Pathogene jedoch viel umfassender“, erklärt Konstantina Vrontou.
Pathogene können von außen auf den Körper treffen (äußere Pathogene) oder im Körper selbst entstehen (innere Pathogene). Dazu gehören Wind, Hitze, Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit. Innere Faktoren, die den Körper anfälliger für Krankheiten machen können, sind der Heilpraktikerin zufolge zum Beispiel Emotionen, Lebensumstände oder falsche Ernährung.
„Ist das Gleichgewicht im Körper verschoben, können sich Krankheiten wie Scheidenpilz leichter entwickeln. Dafür braucht es allerdings bestimmte Voraussetzungen“, betont sie. Äußere Pathogene würden den Körper nur dann schädigen können, wenn zum Beispiel die Abwehrkraft, auch Wei Qi genannt, geschwächt sei und wenn das Milieu des Körpers dafür empfänglich ist. Auch wenn Betroffene dem Pathogen stark ausgesetzt seien (zum Beispiel in Kontakt mit infizierten Menschen), könnten Krankheiten eher entstehen.
Liegt chronischer Scheidenpilz vor, so ordnen TCM-Expert:innen dieses Krankheitsbild als „Feuchte-Hitze“-Pathogen ein. Vereinfacht gesagt: Im Körperinneren herrschen zu viel Feuchtigkeit und Hitze vor. Das begünstigt, dass sich zum Beispiel der Hefepilz Candida albicans festsetzt. Doch was bedeutet das genau?
Was ist chronischer Scheidenpilz?
Auslöser einer Scheidenpilzinfektion ist in der Regel der Hefepilz Candida albicans. Betroffene Frauen leiden dann unter einem starken Juckreiz im Genitalbereich; gelegentlich spüren sie ein Brennen und Schmerzen. Zudem ist die Schleimhaut gerötet und kann einen weißlichen Belag aufweisen. Typischerweise nehmen die Beschwerden in der zweiten Zyklushälfte zu.
Eine rezidivierende Vaginalmykose, wie der chronische Scheidenpilz medizinisch genannt wird, liegt vor, wenn die Infektion mehr als viermal im Jahr auftritt.
Wenn Scheidenpilz chronisch ist, dominieren im Körper Feuchtigkeit und Hitze
„Bei Pilzinfektionen spielen das Immunsystem und das Scheidenmilieu die wichtigste Rolle. Pilzen sind wir alle mehr oder weniger ausgesetzt, aber wir erkranken nicht alle gleichermaßen daran“, sagt die Heilpraktikerin. „Damit Scheidenpilzinfektionen immer wieder entstehen können, herrscht im Körper überwiegend Feuchte-Hitze vor. Das kann man sich wie einen nahrhaften Schlamm vorstellen, in dem Pilze besonders gut gedeihen.“
Doch wie kommt es, dass im Körper Feuchtigkeit und Hitze dominieren? „Feuchtigkeit entsteht im Körper im Übermaß, wenn wir uns falsch ernähren oder wenn die Verdauungsfunktion und das Verdauungsfeuer geschwächt sind“, erklärt sie. „Der Stoffwechsel läuft langsamer und kann die Nahrung nicht richtig transformieren. Dabei wird Feuchtigkeit nicht richtig umgewandelt und ausgeschieden, sondern verbleibt im Körper und bildet einen nahrhaften Boden für Pilze.“
Chronischer Scheidenpilz: Zu diesem Zeitpunkt sind Frauen eher anfällig
Besonders jüngere Frauen, die sich in der fruchtbaren Phase ihres Lebens befinden, seien der Expertin zufolge häufiger von Scheidenpilz betroffen – und zwar in der zweiten Zyklushälfte, weil in diesem Zeitraum Feuchtigkeit und Wärme im Körper erhöht seien. Zu erkennen ist diese Zyklushälfte zum Beispiel daran, dass die Körpertemperatur leicht ansteigt. „Nach der Menstruation verschwindet die Pilzinfektion wieder, weil der Körper mit dem Blut auch Feuchtigkeit und Hitze ausscheidet“, sagt die TCM-Beraterin.
Natürlich leiden nicht alle Frauen in der zweiten Zyklushälfte an Pilzinfektionen. „Das liegt daran, dass manche Frauen eine stärkere Tendenz zu Feuchter Hitze haben, die durch die zyklischen, hormonellen Vorgänge verstärkt wird. Falsche Ernährung, die zu mehr Feuchtigkeit führt, und Stress, der Hitze erzeugt, können zusätzlich eine Infektion begünstigen.“
Krankheiten haben immer einen Sinn, auch wenn wir ihn nicht immer erkennen können.
Zucker begünstigt die Entstehung von chronischem Scheidenpilz
Ein weiterer Risikofaktor für wiederkehrenden Scheidenpilz ist in der Ernährung zu finden – vor allem wenn diese zuckerreich ist. Wie der Berufsverband der Frauenärzte e.V. mitteilt, kann eine Ernährung mit viel Zucker das Pilzwachstum im Darm erhöhen. Wenn die Krankheitserreger dann zum Beispiel durch falsche Intimpflege in die Scheide gelangen, ist der Nährboden für ein Pilzwachstum gegeben – auch deshalb „weil in der zweiten Zyklushälfte besonders viel Zucker in den Schleimhäuten eingelagert wird“, erläutert Konstantina Vrontou.
Chronischer Scheidenpilz: Auch die Psyche kann die Krankheitsentstehung beeinflussen
„Die Psyche hat eine enorme Kraft und kann aus den unterschiedlichsten Gründen eine Erkrankung herbeiführen“, meint die Heilpraktikerin, die auch Psychotherapie in ihrer Praxis anbietet. „Denn Krankheiten haben immer einen Sinn, auch wenn wir ihn nicht immer erkennen können. Bei einer Erkältung kann es sein, dass sich der Körper endlich die Ruhe holt, die er braucht. Nicht bei jeder Erkrankung müssen wir uns die psychischen Gründe anschauen – bei einem chronischen Verlauf kann ein Blick auf die Psyche allerdings sehr helfen.“
Doch pauschalisieren ließen sich die psychischen Ursachen für eine chronische Scheidenpilzinfektion nicht, wie Konstantina Vrontou aus Erfahrung weiß: „Es gibt sehr viele unterschiedliche Möglichkeiten, wie die Psyche eine chronische Pilzinfektion beeinflussen kann. Hier muss immer individuell geschaut werden.“ Fest steht aber: Stress kann das Immunsystem und Scheidenmilieu negativ beeinflussen, sodass Erkrankungen leichter entstehen können.
Psychische Ursachen von chronischem Scheidenpilz – aus dem Blickwinkel der TCM
Der Genitalbereich – und damit der Hort für Scheidenpilzinfektionen –, ist in der Traditionellen Chinesischen Medizin eng mit der Leber bzw. dem Leber-Meridian (Energie-Leitbahn) verbunden. Die Leber ist der Lehre nach für den freien Energiefluss zuständig. Die TCM-Expertin erklärt: „Wenn die eigene Energie nicht richtig fließen kann, sei es, weil man es sich nicht erlaubt oder aus anderen Gründen, dann entsteht Wut. Wut ist der Ausdruck von blockierter Energie. Wenn Wut kein richtiges Ventil findet, dann kann es im Körper zur Stagnation von Flüssigkeiten und Hitze kommen – das heißt zum ‚Feuchte-Hitze‘-Pathogen.“
Daneben stehe der Genitalbereich im Zusammenhang mit Sexualität, Vitalität und Schöpferkraft. Konstantina Vrontou rät dazu, sich folgende Fragen zu stellen, wenn ein Scheidenpilz immer wiederkommt:
- Erlaube ich mir, meine sexuelle und vitale Energie zu leben?
- Wo unterdrücke ich meine vitale Energie?
- Erlaube ich mir, mich als Frau zur Wehr zu setzen, „Nein“ zu sagen und mich dennoch weiblich zu fühlen?
- Lebe ich meine Sexualität, so wie ich es möchte? Und wenn nicht, was könnte der Grund dafür sein?
„Empfehlenswert ist es, im Gespräch mit einer Therapeutin diese Fragen genauer anzuschauen“, sagt die Heilpraktikerin. „Zum einen, weil schwierige Themen auf einmal hochkommen können, mit denen man alleine überfordert sein könnte. Zum anderen hat es einen Sinn, warum Themen verdrängt und über den Körper ausgetragen werden. Man möchte da nicht unbedingt gerne hinschauen oder kann es vielleicht auch gar nicht. Da ist immer ein Teil, der versucht zu verhindern, dass es unangenehm wird. Deshalb wird es unter den Teppich gekehrt und der Körper badet es aus. Aus diesem Grund ist es gut, jemanden von außen zu haben, der einen liebevoll auf sich selbst zurückführt.“
Darum ist eine ganzheitliche Behandlung von chronischem Scheidenpilz sinnvoll
Die Behandlung beim Arzt zielt mit Antipilzmitteln wie Zäpfchen oder Cremes darauf ab, die Pilze abzutöten oder ihr Wachstum zu hemmen. Gängige Wirkstoffe sind zum Beispiel Clotrimazol, Ciclopirox oder Nystatin. Der Wirkstoff Fluconazol kann nur als Tablette eingenommen werden.
Nimmt die Infektion einen chronischen Verlauf, empfehlen Ärzt:innen in der Regel, die Anwendung der Medikamente um ein bis zwei Wochen zu verlängern. Bei der anschließenden Erhaltungstherapie ist es üblich, einmal wöchentlich für sechs Monate eine Tablette einzunehmen – wenn das zum Beispiel aufgrund von Schwangerschaft nicht geht, kann die Therapie auch mit Zäpfchen oder Cremes fortgesetzt werden.
„Antipilzmittel funktionieren meistens sehr gut“, weiß die TCM-Expertin. „Doch in den stark gefalteten Vaginalschleimhäuten können Pilze überleben. Kippt das Scheidenmilieu, blühen sie wieder auf.“
„Deshalb ist eine ganzheitliche Behandlung sinnvoll, weil sie effektiver und nachhaltiger ist.“ Denn wiederkehrende Infektionen würden zeigen, dass systemisch etwas im Körper nicht in Ordnung sei. Der Pilz könne durch Medikamente zwar immer wieder behandelt werden – „doch die Ursache, warum es immer wieder zu diesen Infektionen kommt, wird oftmals nicht mitbehandelt.“
Chronische Pilzinfektion auf ganzheitlicher Ebene behandeln – mit TCM
Neben der ärztlichen Behandlung kann der Körper bei der Genesung mithilfe verschiedener Verfahren aus dem Spektrum der integrativen Medizin unterstützt werden. Dazu zählt auch die TCM, die Konstantina Vrontou in ihrer Praxis anwendet.
„Bevor ich mit der eigentlichen Behandlung beginne, versuche ich herauszufinden, was die Ursache für die Pilzinfektion ist. Welche Faktoren könnten dazu führen, dass sich Pilze im Scheidenmilieu immer wieder ausbreiten? Gemeinsam mit der betroffenen Frau versuche ich das dann zu ändern“, erklärt sie.
Die Heilpraktikerin bedient sich bei der Behandlung von chronischem Scheidenpilz verschiedener Methoden der traditionellen chinesischen Medizin. Dazu gehören zum Beispiel chinesische Arzneimitteltherapie, Akupunktur und Ernährungsberatung. Dabei geht es ihr darum, zum einen die Wurzel der Erkrankung zu behandeln, und zum anderen konkrete lokale Maßnahmen zu treffen, um den Pilz örtlich zu bekämpfen. „Wir stärken den gesamten Körper und helfen Feuchtigkeit und Hitze auszuleiten, damit er selbst mit dem Pilz besser fertig wird und sich Reizungen sowie Entzündungen verbessern.“
Auch die kleinste Wirkung hat ihre Ursache.
Nicht nur der Vaginalbereich, sondern auch andere Organe und Organsysteme bezieht sie in die Therapie mit ein, wie zum Beispiel den Darm. „Oft müssen wir uns auch um den Darm kümmern und insgesamt die Schleimhäute sanieren, denn wenn immer wiederkehrende Vaginalinfektionen auftreten, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Schleimhäute auch an anderen Stellen des Körpers nicht ganz intakt sind. Die Folge kann sein, dass nicht nur die Anfälligkeit für eine Pilzinfektion erhöht ist. Es können auch weitere Erkrankungen entstehen wie zum Beispiel Allergien oder chronische Nasennebenhöhlenentzündungen. In der Regel verbessern sich diese im Zuge einer ganzheitlichen Behandlung gleich mit.“
Warum ist das so? „Das liegt daran, dass sich ein Ungleichgewicht im gesamten Körper auswirkt und eine ganzheitliche Behandlung ebenfalls eine positive Auswirkung auf den gesamten Körper haben kann“, erklärt die TCM-Expertin.
Chronischer Scheidenpilz: Diese Expertentipps können im Alltag helfen
Konstantina Vrontou empfiehlt Frauen, die unter wiederkehrendem Scheidenpilz leiden, darüber hinaus diese Maßnahmen im Alltag:
- Ernährung: Versuchen Sie, auf zuckerhaltige Lebensmittel, Weißmehl- und Milchprodukte zu verzichten. Auch Alkohol ist nicht zu empfehlen, insbesondere Bier, zuckerhaltige alkoholische Getränke und Hochprozentiges.
- Statt Tampons lieber Binden benutzen und diese häufig wechseln.
- Waschen Sie sich äußerlich mit verdünntem Apfelessig: Dafür 2 bis 3 EL Apfelessig in 1 l lauwarmes Wasser geben und vermischen.
- Unterstützen Sie den sauren pH-Wert der Scheide zum Beispiel durch Milchsäurezäpfchen, insbesondere vor und nach dem Geschlechtsverkehr. Auch dann, wenn Kondome benutzt werden.
- Achten Sie auf Ihr Stresslevel und nutzen Sie gezielt Entspannungstechniken, um seelisch wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Hilfreich sind zum Beispiel progressive Muskelentspannung oder autogenes Training.
Wenn der chronische Scheidenpilz einfach nicht weggehen will, zögern Sie nicht, Ihre:n Ärzt:in aufzusuchen, um gemeinsam nach einer passenden Therapie zu suchen – und zu überlegen, ob die Traditionelle Chinesische Medizin oder andere Verfahren der integrativen Medizin infrage kommen.
Über die Expertin
Konstantina Vrontou ist Heilpraktikerin mit eigener Praxis in München seit 1997. Ihre Schwerpunkte liegen auf der Traditionellen Chinesischen Medizin und psychotherapeutischen Behandlung. Sie unterstützt in ihrer Praxis vor allem Frauen dabei, wieder in die seelische Balance zu kommen und ihre körperlichen Beschwerden zu verringern. Mehr Informationen zu Konstantina Vrontou finden Sie hier.